Die Neue Rechte: Ein Treibgut innerhalb ...

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Erat Dineithel
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Registriert: Sa 31. Jul 2010, 22:22
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Die Neue Rechte: Ein Treibgut innerhalb ...

Beitrag von Erat Dineithel »

... oder außerhalb des Kielwassers der Demokratie?

Wie bereits im Verfassungsschuzbericht 2008 erwähnt wurde:

Das Internet bleibt für Rechtsextremisten eine bedeutende Plattform zur Verbreitung ihrer Ideologie, Mobilisierung ihrer Anhänger und Werbung neuer Sympathisanten. Die Anzahl der von Deutschen betriebenen rechtsextremistischen Internetpräsenzen blieb auch 2008 konstant bei etwa 1.000, wobei innerhalb dieser Gesamtzahl weiterhin eine äußerst hohe Fluktuation der rechtsextremistischen Homepages zu beobachten ist. Nach wie vor werden anlassbezogene Sonderseiten zu Demonstrationen, Kampagnen und sonstigen Veranstaltungen ins Netz gestellt.

Gilt dies umsomehr im Jahre 2012. Im Jahre 2010 stellte der Verfassungsschutz in seinem Bericht unter anderem fest:

Auch 2010 waren in Deutschland keine rechtsterroristischen Strukturen feststellbar.

Die Affinität von Rechtsextremisten zu Waffen und Sprengstoff bildet weiterhin ein latentes Gefährdungspotenzial, insofern sind Taten von Einzelaktivisten nicht auszuschließen.

Innerhalb der Neuen Rechte haben sich zwei Hauptströmungen etabliert: Nationalrevolutionäre und Jungkonservative. Erstere können auch als die Alte Rechte bezeichnet werden, welche unter dem Umhang der Demokratie agieren. Letztere sind eher ein Sammelbegriff – wie ebenfalls die Neue Rechte im Allgemeinen – für verschiedenste Strömungen innerhalb selbiger, von Rechten bis Rechtsextremen verschiedenster Couleur und Interessen.

Sofern eine politische Ausrichtung sich an die vorgegebenen Regeln hält, sprich sich demokratisch und verfassungskonform verhält, nach innen und nach außen, soll ihnen das Agieren innerhalb unserer Demokratie – auch offiziell – gestattet sein. Werden diese Grenzen überschritten, gilt es unsere Demokratie und Verfassung zu schützen. Auch hier gilt der Grundsatz in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Dies bedeutet allerdings auch, dass im Zweifel über die Verfassungskonformität diverser Organisationen oder Szenen eine Beobachtung dieser Interessengemeinschaften durch verfassungsschützende Organisationen wie beispielsweise dem Verfassungsschutz – bis zur Ausräumung aller Zweifel – durchaus als angemessen anzusehen ist.

Die Neue (Intellektuelle) Rechte hat eine eigene Lexik entwickelt, welche auf den betreffenden Blogs der Szene deutlich zu erkennen ist. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Begriffe wie Gutmensch oder Kulturbereicherer und auch eine eigene Grammatik ist zu finden – ebenso wie bei anderen politischen Extremisten. Ihr größter Blog »Politically Incorrect« gibt sich nach seinen eigenen Leitlinien unter anderem proamerikanisch und –israelisch, grundgesetz- und menschenrechtstreu und ist gegen die Islamisierung Europas. Diese Leitlinien sind logisch wenn man sich einmal in die Denkweise dieser politischen Richtung versetzt. Aus heutiger Sicht ist eine antiisraelische / antijüdische Haltung nicht mehr zeitgemäß, da die Gefahr – nach Ansicht von PI – nicht mehr von Israel oder den Juden droht, sondern durch »Islamische Überfremdung«. Da der Feind meines Feindes mein Freund ist und Israel in ihren Augen das kleinere Übel von beiden darstellt, verbündet man sich kurzerhand mit dem offensichtlichen Feind des Feindes und somit wird alles logisch und man kann ja schließlich nicht den vermeintlichen Feind des Erzfeindes, des Islams, bekämpfen. Auf dieser Internetpräsenz kann man nicht nur Neue Rechte, sondern auch Alte Rechte, sowie die Dämonen der Vergangenheit finden. Sie stehen fest in dem Glauben, dass Europa bald von Moslems überrannt wird, wir alle zum Islam bekehrt werden und eine islamische Republik in Deutschland und Europa konstituiert werden soll. Ihrer Meinung nach sind sie auch die Einzigen, die dies jetzt bereits erkennen und wollen fest im guten Glauben das Richtige zu tun diese Gefahr, die in ihren Gedanken bereits real geworden ist, abwehren; und dies möglicherweise mit allen Mitteln.

Religiös sind ebenfalls verschiedene Ausrichtungen festzustellen. Vornehmlich beziehen sie sich auf das Neuheidentum oder auch Neopaganismus genannt, also vorchristliche oder nichtchristliche europäische Traditionen aber auch andere religiöse Orientierungen, beispielsweise eine christliche Ausrichtung sind teilweise festzustellen und etabliert. Das Spektrum erstreckt sich über die gesamte religiöse Palette des Paganismus und Christentums, aber auch Atheisten (ebenso wie bei echten Kommunisten) sind dort zu finden.

Ebenso sind nationalistische Konzepte zu finden, welche auf ganz Europa erweitert wurden; inzwischen kann man jedoch von der gesamten nördlichen Hemisphäre sprechen, einschließlich Nordamerika. Überall existieren sogenannte Defense Leagues, ausgehend von der English Defense League, welche aus Hooligan – »Firmen« entstand; und die schrecken vor Gewalt bekanntermaßen nicht zurück. Die EDL ist der britischen Polizei durchaus bekannt, da im Juli 2010 in Bournemouth 7 Personen, davon 6 EDL-Mitglieder, unter dem Verdacht festgenommen wurden, einen Sprengstoffanschlag auf die dortige Moschee vorzubereiten. Gegen die Personen wurde jedoch keine Anklage erhoben. Auch in Deutschland gibt es eine Defense League, die German Defense League. Sie bildet sich aus Mitgliedern diverser Pro-Vereinigungen wie beispielsweise Pro-NRW und auch der NPD nach Angabe einschlägiger Internetforen. Auch im Tierschutz engagieren sie sich um »Schächten und andere Untaten des Islams« zu bekämpfen.

Spätestens seit dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) und Breivik (Anschläge in Norwegen 2011) dürfte jedem bekannt sein, was unter »Allen Mitteln« zu verstehen ist. Auch von »Politically Incorrect« gab es keine eindeutig distanzierenden Statements zu den Vorfällen. Im Höchstfall ein »Er hat Recht aber die Tat war falsch« , welches aber keinesfalls ein »Nein« zum Terror bedeutet. »Politically Incorrect« ist eine Anlaufstelle für alle Rechten sämtlicher Couleur, inner- und außerparteilich. Zudem könnte man die Seite, ebenso wie auch andere einschlägige Internetpräsenzen als Rekrutierungsstellen der Parteien des rechten Spektrums, einschließlich der NPD, bezeichnen. Nach meinen Beobachtungen liegt der anteilige Prozentsatz der Jungkonservativen auf diesen Seiten bei 5% bis zu 30% und wird sich zunehmend verringern, einmal durch Abwanderung und einmal durch Assimilation der extremeren Ausrichtungen und Parteien. Hier fehlt eine starke und gemäßigte, verfassungstreue Rechte, die diesem Klientel eine politische Heimat geben kann, ohne selbst von anderen Kräften assimiliert zu werden. Somit bleibt das Treibgut im rechten Kielwasser der Demokratie ein unkalkulierbares Wagnis.

Neben dem Nihilistischen Islam, dem Terrorismus im vermeintlichen Gewand des Islam, besteht die Gefahr des Gegenterrorismus, des Nihilistischen Nationalismus, welcher durch NSU und Breivik zu einer realen Bedrohung wurde. Nihilisten, welche um ihr Land – oder auch Europa – vor der Islamisierung schützen wollen, indem sie die Bewohner des Landes, darunter auch Kinder töten, sind nicht besser die Nihilistischen Islamisten. Die Opfer des Anschlages vom 22. Juli 2011 waren Norweger und Kinder von Norwegern, somit Teil des norwegischen Volkes, welches er ja angeblich schützen wollte. Oder lag es einfach nur daran, dass dies Kinder seiner politischen Feinde waren? Dieses Paradoxon kann, sofern es sich wirklich um ein Paradoxon handelt, nur eine Ursache haben – Hass. Mit der Propagandierung der Islamisierungsgefahr wird – bewusst oder unbewusst – Angst geschürt die unweigerlich irgendwann zum Hass führt. Aus der menschlichen Angst vor dem Unbekannten wird der Hass auf das Unbekannte; und dies bedeutet Tod. Wir brauchen keine Gegenterrororganisation zur Al Quaida, die das Gleiche tut, nur aus anderen Motiven, egal wie diese Liga des Kontraterrorismusses heißen mag. Auch benötigen wir nicht für jede Terrorismusart eine eigene Terrordatei, sondern nur eine Terrordatei.
Du kannst nicht lernen, was du schon kennst - auch wenn es falsch ist.
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