Über Stress, mangelndes Sozialverhalten und das Downshiften

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Erat Dineithel
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Registriert: Sa 31. Jul 2010, 22:22
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Über Stress, mangelndes Sozialverhalten und das Downshiften

Beitrag von Erat Dineithel »

Der Stress ist die Gesellschaftskrankheit »Nummer Eins« in unserer Welt geworden. Einer Welt, in welcher ein jeder von einem Termin zum anderen hetzt, mit einem – teilweise – unerträglichen Erfolgsdruck und einer Manie nach beruflicher und sozialer Anerkennung, gepaart mit der steten Angst zu versagen und der Angst, den Anforderungen in Job und Sozialleben nicht mehr gerecht werden zu können, sowie der Angst, beim Versagen nicht mehr seinen gewohnten Lebensstandard – bedingt durch drohende Arbeitslosigkeit – halten zu können.

Aus diesen Ängsten heraus bildet sich ein kaum mehr überschaubarer und kontrollierbarer Disstress, welcher den Betroffenen im selbigen versinken lässt, ähnlich einem Strudel, welcher ein in Seenot geratenes Boot immer weiter in die Tiefe zieht. Zu den anfänglichen Symptomen zählt eine innere Unruhe, die sich im Laufe der Zeit bei zunehmenden Stress zu Konzentrationsschwierigkeiten und Aggression wandelt und schließlich über Jahre hinweg zu Nerven- und Knochenschmerzen, einer Angst vor Blickkontakten, der Unfähigkeit Kritik zu erdulden und zu verarbeiten, bis hin zu einem sich von allem und jedem Bedrohtfühlen entwickeln kann. Dies äußert sich beispielsweise durch das Ausweichen bei Versuchen anderer mit dem Betroffenen Blickkontakt aufzunehmen. So hat sich – bedingt durch den Stress – ein Blickkontaktversuch, welcher regelmäßig vor dem Beginn eines Gespräches steht, zu einer – wenn auch imaginären – Bedrohung des gestressten Individuums entwickelt. Die Re-Aktion auf diese vermeintliche Bedrohung reicht vom Wegsehen bis zu einem »Was siehst du / sehen sie mich so an?«. Das Individuum versieht sich in einem »Verteidigungsnotstand« in welchem es für es zwingend erachtet wird sich zu verteidigen, obwohl eine Verteidigung nicht gar nicht erforderlich ist. Beim Erreichen dieses Zustandes muss man schon von einem Burn-out-Syndrom sprechen und es ist an der Zeit etwas dagegen zu tun, dies heißt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Den meisten Individuen ist es allerdings nicht klar, dass sie sich in diesem Zustand befinden, und weisen jede Kritik und Hilfe als überzogen oder unangebracht zurück. An diesem Punkt angelangt, ist es erforderlich, dass der Betreffende seine Situation selbst analysiert und auch selbst feststellt, in welchem Dilemma er sich befindet, da er ansonsten nie realisieren wird, was gerade mit ihm geschieht.

Erst mit der Realisierung seines Zustandes, aus dem auch mangelndes Sozialverhalten – hiermit ist exzessiver Individualismus gemeint – resultiert, kann eine Besserung seiner Lage eintreten. Nun ist es an der Zeit, über das nun folgende Zitat einmal ausgiebig nachzudenken:

»Man müsste die Frage untersuchen, weshalb unsere Lebensweise uns in eine Lage versetzt, die das Alte Testament als die schlimmste Sünde der Hebräer bezeichnet: nämlich mitten im Überfluss ohne Freude zu leben.«
Erich Fromm

Dies Zitat – für Interessierte – entstammt dem Buch » Die Individuums-Falle« und ist über die Seite http://www.individualismus-falle.de auch online bestellbar. Ein Leben im Stress – ein Leben mitten im Überfluss und ohne Freude – führt direkt in die dunkelsten Gefilde des Lebens, auf den Grund der dunkelsten Gefühle eines Individuums und der Betreffende muss aufpassen, dass er nicht in diesem Sumpf aus Angst, Neid, Lüge, Furcht, Verrat und Hass unwiederbringlich versinkt. Der Sumpf der Angst und Furcht zu versagen, der Sumpf der Neider und des Neidens, des Verrates seiner eigenen Ideale, was zu einem Leben aus Hass führt, einem Leben ohne Liebe und Freude.

An dieser Stelle stellt sich für den Betroffenen nun die Frage, ob er so weitermacht wie bisher, mit einem Leben im Überfluss – seine Karriere weiter voranbringt – oder nun einen anderen Weg beschreitet, einen Weg der Freude, der Freude an Leben, der Musen, der erfüllenden Freizeitgestaltung ohne Zwänge und abseits des Stresses. Dieser Weg, der Weg des Downshiftens, ein Weg der Mäßigung, des Zurruhekommens und dadurch bewusst auf Karriere und Luxus, also bewusst auf ein Leben im Überfluss, jedoch ohne Freude, zu verzichten, ist ein möglicher Ausweg aus diesem Stressdilemma.

Dies ist auch eine Entscheidung gegen Überstunden, vielleicht ein Entscheid zu weniger Beschäftigung und somit zu weniger Geld. Wer sich zum Exempel statt 80 Stunden wöchentlich zu arbeiten, für eine Beschäftigung im Rahmen von nur noch 30 oder 40 Stunden entscheidet, resolviert sich auch zu mehr Freizeit, die sinnvoll genutzt werden kann, die sinnvoll genutzt werden will – auch dies will gelernt sein. Das Downshifting kann eine Entscheidung für den »Himmel« und gegen die »Hölle«, die Hölle des Stresses sein. Doch diese Entscheidung kann niemandem abgenommen werden, diesen Entschluss muss ein jeder für sich selbst treffen – allein oder mit der Familie.
Du kannst nicht lernen, was du schon kennst - auch wenn es falsch ist.
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